Ein ferngesteuertes Ufo fliegt durch das All, landet auf der Erde. Eine Luke öffnet sich und eine Stimme spricht: „Wenn Sie mir in eine ganz eigene Klangwelt folgen wollen, bitte hier entlang“.

So beginnt Arnd Fischer aka Electroarnd (bandaloop.) seine Geschichte und ruhig fährt er fort: Eines schönen Tages saß er im Wohnzimmer seiner Freundin Sarah, als ihm die Zeitschrift „Ufo Nachrichten“ in die Hände fällt. „Wer kennt Gordon Monroe?“ titelte man dort. Ein Mensch mit dem Decknamen Gordon Monroe und im Besitz von erstklassigem Ufo-Material war untergetaucht und seine Antworten und Informationen somit verschwunden. Electroarnd begann zu sinnieren: „Wo sind meine Informationen?“ Auch er konnte mit Fug und Recht behaupten, ebenfalls einige offene Fragen zu haben, die er sich selbst stellte oder die Freunde immer wieder mal stellten. „Wohin geht Musik, wenn sie verklungen ist?“, „Wie riecht das Glück?“ (Holger), „Wer seid das Ihr?“ (Gerd), „Wohin?“ (Dirk). Es musste Antworten geben. Und zwar von Gordon Monroe. Nur wie Kontakt aufnehmen? Zwei Projektwochen im Mai 2001 wurden auserkoren. Man setzte alles auf eine Karte und flog mit Electroarnd`s Lieblingsufo in Sphären, wo alles zu Gordon Monroe wurde und die Musik heilbringend floss. So geschah es denn, dass Gordon und das Ufo auf einem Album landeten: Gordon Monroe`s Vierzehntage

Gordons Rezept: An vierzehn aufeinanderfolgenden Tagen sollten ebenso viele Tracks entstehen. Ein Tag, ein Stück. Keine Vorgaben, keine Nachbearbeitung, kein nochmaliges Mischen. Morgens starten, abends landen. Electroarnd: „Wir hatten damit gerechnet, dass es Tracks geben würde, die nicht länger als 20 Sekunden sind und aufgrund kosmischer Störungen aus einer gewaltigen Verzerrung bestehen – aber es lief unter guten Sternen und es kam immer etwas Schönes dabei heraus.“

Als Reisebegleiter meldeten sich verschiedene Musiker der Kölner Szene: Toshi (Glamourboys), Achim (Trevista), Markus Berges (Erdmöbel), Sarah Doering (bandaloop.), Dirk Schilling (Filmpalast), Robby (Le Grand Filou), Ollie (Morgain), Gerd Paris (Turquoise) und Kussjubilar Holger (Panamaformat).

Gerd begleitet bandaloop. live als Schlagzeuger und ist auch für die extrem tanzbaren Turquoise-Mixe auf den Singles verantwortlich. „Markus Berges von Erdmöbel habe ich beim Essen bei Bekannten kennen gelernt, da haben wir zusammen munter den Wein getrunken.“ Auf dem Album singt er Auf einer Brücke bei Duisburg. Electroarnd: „Warum er eine Brücke bei Duisburg besingt? Jeder findet seine Antworten halt irgendwo anders. Ich glaube, Markus hat ein Faible für deutsche Industriestandorte.“ Dirk spielt als Gastgitarrist ebenfalls bei bandaloop. und bringt außerdem mit seinem Projekt Filmpalast die Minimaltechno-Freunde (mittlerweile nicht mehr nur in Deutschland) auf die Tanzfläche: Ich weiß wohin!

Toshi und Achim hatten ebenfalls bereits Remixe für bandaloop. gezaubert. Electroarnd: „Die zwei haben immer super Sachen gemacht. Eigentlich sind sie eher Klangdesigner. Sie produzieren diese komischen Schnipsel, die einem bei VIVA begegnen. Wenn da das Programm angefahren wird und es dann ‚Wuups’ oder ‚Ffft’ macht – das ist dann von denen.“

Achim hört man auf dem Album Vierzehntage auf dem Song Every Day und Toshi bei Monsieur in allen Gassen.

Bei den Tracks, wo Electroarnd allein mit sich selbst im Ufo war, ist meist der Vocal-Sample namensgebend. Für Vergiss´ dein Lachen nicht hat er in der Bordbibliothek geschaut, was da so auf den Büchern steht. Irgendeine Konsalik-Schwarte hatte einen Titel mit Lachen, der mehr zum Weinen war, und den hat er dann für sich positiv umadaptiert. Bei Wenn sie mir in eine ganz eigene Klangwelt folgen wollen, bitte hier entlang handelt es sich natürlich ganz eindeutig um die Einladung von Gordon Monroe zum Rundflug. Electroarnd: „Sicher, es wird Leute geben, die sagen werden: ‚Ach was, die Stimme sagt doch etwas ganz anderes.’ Aber ich bin mir sicher, dass er es war, der uns damit seine Einlandung ausgesprochen hat.“

Und dann ist da noch Sarah, natürlich. Sie musste man nicht lange davon überzeugen, dass man durch dieses Ufo-Projekt in den Besitz ganz besonderer Antworten gelangen würde. Als Kind meinte sie nämlich ein Ufo um ihr Haus kreisen gesehen zu haben. Natürlich wollte sie deshalb lange Zeit Astronautin werden. „Und überhaupt, warum sollte es keine anderen Welten geben? Das wäre doch eine ziemliche Verschwendung, wenn wir im gesamten Universum die Einzigen wären.“ Gleich am ersten Tag waren also quasi bandaloop. im Ufo – „aber wir hatten von Anfang an eine komplett andere Herangehensweise. Es drehte sich alles und es war sehr lustig.“ Sarah hat es so gut gefallen, dass sie gleich noch an zwei weiteren Tagen mitgekommen ist. So entstanden Indian Rain, Greek Bay und Bird Life. Letzteres Lied liegt ihr besonders am Herzen. „Ich stellte schnell fest, dass Gordon – wie ich auch – Vögel liebt.“ schwärmt sie. „Vor allem Webervögel. Das sind die Vögel, die für ihre Weibchen abgefahrene Nester bauen und diese mit Federn und allem Interessanten, was sie finden können, schmücken. Das finde ich faszinierend.“

Wie weit sich diese besonderen Vierzehntage auf die Persönlichkeit der zehn Teilnehmer ausgewirkt hat, fragen wir nicht. Das musikalische Ergebnis jedoch ist sehr außergewöhnlich, sehr divers und schwer zu beschreiben. „Tanzflächen-Elektronika, Therapieprojekt, Industrial-TripHop, Lo-fi Gitarrensongs, Liebeserklärungen, Minimaltechno, Bassboxen-Kracher, Weltraumtourismus – Akustikinstrumente, Schlagzeug, Streicher, selbstbestimmte oder fremdgelenkte Musiker, elektronisches Gerät wie Synthesizer, Sampler und Drumcomputer: Irgendwie ist alles dabei.“ Es stellt sich raus, dass man durchaus auf einer Platte House, TripHop und Crossover mit Akustikgitarren, indischen Elementen und Regen verbinden kann, wenn man nur weit genug ins All schaut.

Wird es von Gordon Monroe eine Single geben? Electroarnd meint: „Nein. Ich glaube nicht. Das Ganze kann man nur verstehen, wenn man sich das Album komplett anhört und sich auch die Entstehungsgeschichte dazu durchliest.“

Also ein Rudel Lauscher sollte sich unbedingt von der hoch erotischen Wirkung von Küss´ mich, der cineastischen Bollywood-Qualität von Indian Rain, sowie der liebenswert abgefahrenen Verwunderlichkeit von Auf einer Brücke bei Duisburg überzeugen. Und bestimmt gibt es viele Plattenaufleger, die die außerirdisch gute Tanzkompatibilität von Siehst du nicht, ich fliege erkennen. Wir sind dafür, dass Gordon zumindest seine Jungs für die DJs auf Vinyl kratzen lässt!

Das Album von (oder durch?) Gordon Monroe mag in vierzehn Tagen erschaffen worden sein – aber es bietet genügend Hörvergnügen für 14 Wochen, 14 Monate, 14 Jahre – wer bietet mehr?


Gordon Monroe: Gordon Monroe`s Vierzehntage (india records)